Egerland March (Wendelin Kopetzky)

Über Wendelin Kopetzký‚ Vinzenz Püchner, den Egerländer Marsch und den Roußbuttnbuo


Wenn ich mit meinem heute 93-jährigen Vater Walter Püchner über Dahamm und Graslitz, heute Kraslice, spreche, und darauf kommen wir meistens zu sprechen, erfahre ich immer noch für mich Neues. Kürzlich erzählte er mir vom Hintergrund des Egerländer Marsches des tschechischen Komponisten und angesehenen K. u. K. Kapellmeisters Wendelin Kopetzký. Dieser Marsch, der 1891 in Pilsen Premiere hatte, ist der Marsch des Egerländer Infanterieregimentes No. 73. Dieser Marsch über Volkslieder mit Texten in Egerländer Mundart ist einer von Kopetzkýs rund 200 Märschen, und vielleicht der bekannteste.

Wendelin Kopetzký (1871–1899) war Regimentskapellmeister beim K.u.K.-Infanterieregiment Wilhelm Herzog von Württemberg Nr. 73 in Eger. In dieser Militärkapelle in Eger spielte der junge Vinzenz Püchner (1870–1948) aus Graslitz, Holzblasinstrumentenmacher mit kürzlich abgeschlossener Lehre bei V. Kohlert’s Söhne, der ein paar Jahre später, dann 1898 zukünftiger Firmengründer von Püchner werden sollte.

Während Vinzenz’ Dienst bei ihm in Eger komponierte Kopetzký auch den berühmten Regimentsmarsch des K.u.K.-Infanterieregiments Wilhelm Herzog von Württemberg Nr. 73, kurz Egerländer Marsch genannt.

Walter Püchner erinnert sich an die Umstände, die kurioserweise mit der Püchnerschen Geschichte verknüpft sind: »Während Vinzenz Militärdienst in der Kapelle des Infanterieregiments bittet Kopetzký meinen Großvater darum, doch für ihn Egerländer Volkslieder zu sammeln. Dies tut er und schließlich komponiert Wendelin Kopetzký daraus den ›Egerländer Marsch‹. Zwischen den Weltkriegen war der Marsch verboten, da er zu einer Art von Freiheitsmarsch für uns Egerländer geworden war. Er wurde oft gespielt als Zugabe bei Konzerten, auch denen des Graslitzer Musikvereins, und ich erinnere mich gut an den frenetischen Jubel des Publikums«.

Eines der Egerländer Volkslieder, die Vinzenz für seinen Kapellmeister gesammelt und welches Eingang in den Egerländer Marsch gefunden hat, ist das Lied vom Roußbuttnbou.
Was war ein Roußbuttnbou, ein Rußbutten­junge? »Brauchts an Ruß?«, war seine Frage an die Dorfbewohner. »Braucht Ihr Ruß?« und ging hausieren von Haus zu Haus mit den Butten in seiner Kraxe.

Ruß war in früheren Zeiten in der Tat ein Allroundmittel für Allerlei, für Stiefelschmiere, auch fürs Pferdegeschirr und diente ebenso der Herstellung von schwarzem Lack und Ölfarbe.
Es wurde in Rußhütten vom Rußbrenner fachgerecht bei richtiger Temperatur und gekonnter Verbrennungstechnik erzeugt. Jeder Haushalt brauchte es. Da kam der fahrende Händler, der Roußbuttnbou gerade wieder recht und seine Butten mit Ruß fanden regen Absatz. Eine Butte war ein tonnenartig aus Fichtenspänen geformter kleiner Behälter, der als praktische Verpackung für das Ruß diente. Die Butte war geschätzt, weniger der in der Regel schmutzige und heruntergekommene Roußbuttnbou, der ja in Pferdeställen der Gasthöfe notdürftig übernachten und in der Regel von Brot und Wasser leben musste.

Meist recht wortkarg, muss es augenscheinlich aber auch humorvolle Gesellen gegeben haben, denn im Volkslied, welches Vinzenz an Kopetzký weitergab, werden schöne Hütchen, Bändchen, Quasten, Kittel und Knöpfchen besungen und dass er doch ein schöner Rußbuttenbub sei. Vielleicht reflektiert er sein Los in dem Liedtext auf der nächsten Seite eher ironisch …

Gabriele Nilsson-Püchner, im April 2023